Wow: Feuer im Herzen! Einheit in Vielfalt als Frucht der Pfingst-Revolution

Der Mai gilt in Europa als Wonnemonat, wenn die Natur treibt und blüht, die Liebeslust wächst und traditionell viele Hochzeiten stattfinden. Der Mai ist auch der Monat, wo das christliche Pfingstfest gefeiert wird (wie heute, dem Pfingstsonntag, wo ich diesen Text schreibe). Beides, Liebestrieb und Pfingsten, haben eines gemeinsam : Feuer im Herzen.

Die grosse Blüte der Pfingstrose aus unserem heutigen Garten in Zürich ist wie ein entfalteter Fächer, wie ein weisses Hochzeitskleid, das die Welt umarmt. In der Mitte das goldige Feuer der Staubfäden, das die Blüte und die Welt zusammenhält. Das Bild ist für mich ein Symbol für Pfingsten. Aber ist denn Pfingsten mehr als ein verlängertes Wochenende ? Ja, es ist nicht weniger als der Ursprung einer Weltrevolution, die bis heute an-dauert und weitergeht. Das kam so :

Die Jesusnachfolger/innen hatten turbulente Zeiten hinter sich : Auf die Begeisterung, Jesus mit seiner Vision und seinen Werten nachzueifern, folgte der totale Absturz mit Jesu Hinrichtung am Kreuz als Sektenprediger und Ketzer. Später Karfreitag genannt. Darauf folgten sonderbar scheinende Erscheinungen des Getöteten mit den wenigen Freundinnen und Freunden, die ihn nicht vergessen konnten – später Ostern genannt. Daraus entstanden schüchterne, fragile Hoffnungsmomente dieser winzigen jüdischen ‘Sektengruppe’, dass ihr Leben wieder Sinn habe. Später dann ein Ereignis, das ich als Anfang einer Weltrevolution bezeichne: Pfingsten, griechisch πεντεκοστή/Pentecost (Apostelgeschichte 2,1) heisst einfach ‘fünfzig’ und meint fünfzig Tage nach Ostern. Es ist die Zahl für Erfüllung, Ganzheit, Neuanfang (der Schuldenerlass fand alle sieben Jahre statt und nach 7×7 Jahren, im 50. Jahr, das grosse Erlassjahr der Schuldentilgung und des Neuanfangs, damit alle wieder neu gleiche Startchancen hatten). Dieses Ereignis wird nun so beschrieben (Apg 2,1-13): die Gruppe jener Frauen und Männer, die wieder Mut gefasst hatten, versammelten sich in einem Haus (griech. οίκος, Oikos). Plötzlich erfasste sie eine innere Unruhe, beschrieben als Sturmwind, wo auf jeder und jedem eine Flamme auf dem Haupt erschien. Nachvollziehbarer bezeichne ich es als ‘Feuer im Herzen’, eben wie bei Verliebten. Die Händler der umliegenden Hotels und Bewohner der engen Gassen Jerusalems strömten zusammen, um zu sehen, was sich da ereignete. Diese « Be-geist-erten » mit dem Feuer im Herzen begannen nicht in der eigenen «Club»-Sprache zu sprechen, sondern in den vielen Sprachen der multikulturellen und internationalen Gemeinschaft von Menschen in Jerusalem. Diese kamen von der ganzen damaligen Welt, von Ägypten bis Iran, von der Türkei bis Libyen, von Rom bis Zentralasien (aufgezählt in V.9-10). Es waren «Juden, Kreter/Griechen und Araber» (V.11) « Wir hören sie in unseren Sprachen von den grossen Taten Gottes reden» bezeugten die Menschen dieser Weltstadt.

Weshalb nun nenne ich dieses Pfingstereignis den Ursprung einer Weltrevolution ? Diese kleine Gruppe mit dem «Feuer im Herzen» gewann die Herzen der Menschen, indem sie diese in ihrer eigenen Existenz und Kultur – die Muttersprache ist intimster Ausdruck davon – ernst nahm, die eigenen Werte nicht von aussen aufzwang, sondern in die andere Kultur übersetzte. Ihre Herzen waren voll einfühlsamer und energetischer Liebe (αγάπε/Agape ist das griechische Wort für die göttliche, inklusive, umfassende Liebe). Mit diesem Feuer der Liebe durchbrachen sie die Mauern der damaligen hegemonialen Weltmächte (Rom, Ägypten und Persien sind explizit genannt). Sie bildeten Brücken zwischen Menschen, Kulturen, Machtzentren und Ideologien.

Dieses Feuer führt zum Respekt für Diversität, Vielfalt und Anderssein. Dies ist nur möglich – ohne zu explodieren, zu implodieren oder der Beliebigkeit zu verfallen -, weil der Mut zur Vielfalt mit der Gewissheit der Einheit verbunden ist. Dieses Feuer ist Symbol für die Liebe, die die Welt im Innersten zusammenhält. Wie das gold-gelbe Zentrum der weissen Blume am Anfang dieses Textes. Pfingsten wird damit zum Symbol für Einheit in Vielfalt.

Und das Haus (Oikos) dieser Pfingstgemeinschaft von Frauen, Männern und Kindern wird zum Symbol der Weltgemeinschaft. Oikos im freifachen Sinn von Oikoumene (Ökumene als Gemeinschaft der Kirchen und Religionen), Oikonomia (Ökonomie als faires Teilen der Güter dieser Erde) und Oikologia (Ökologie als Engagement für die ganze Schöpfung). In Zeiten von erneutem Krieg zwischen Juden und Palästinensern, von geführlichen Spannungen USA-China und von Partikularinteressen Post-Covid : Ist Pfingsten da nicht eine umwerfende, umfassende spirituelle, ökonomische, ökologische, politische, soziale und kulturelle Vision und Weltrevolution ? Die Einladung für einen Neuanfang der Weltgemeinschaft Post-Covid. – Yes, we can, mit unserem Feuer im Herzen!

Pfingstsonntag, 23. Mai 2021

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